Das Wunder der Freundschaft statt das Bild von elektrischen Schafen beschäftigt das Bewusstsein des charmanten Androiden, der durch „Robot Dreams“ flaniert, der ersten animierten Arbeit des spanischen Regisseurs Pablo Berger. Angelehnt an den grafischen Roman von Sara Varon, bewahrt diese handgezeichnete Komödie die ästhetik des Cartoon-Streifens und den Mangel an Dialogen der Vorlage. Ein herrlich bittersüßes animiertes Meisterwerk entsteht, das die rein kinematografischen Eigenschaften des Mediums verkörpert. Der Kampf um den Titel des besten Animationsfilms des Jahres hat einen starken neuen Konkurrenten.
Mehr verwandt mit der anspruchsvollen Welt von „BoJack Horseman“ als mit Disney’s „Zootopia“, spielt die Handlung in New York City der 1980er Jahre – die Zwillingstürme des World Trade Centers rahmen immer noch die Skyline – bevölkert von einer Vielfalt anthropomorpher Tiere. Die pulsierende Energie des Big Apple zeigt sich in der Art und Weise, wie die Bewohner ihren Alltag gestalten, während die Hauptgeschichte im Vordergrund steht. Die Metropole hält eine Million Geschichten bereit, von denen wir gelegentlich einen Einblick durch die zahlreichen und amüsanten Sichtgags des Films bekommen.
In dieser stets in Bewegung befindlichen Stadt kämpft ein pudriger, zweibeiniger Hund namens Dog in seiner Wohnung im East Village mit Einsamkeit. Eines Nachts bestellt er aus einer Spätnacht-Werbung einen Roboter, so einfach wie ein Küchengerät. Nach einiger Montage erwacht der schlanke, flexible Roboter mit einem strahlenden Lächeln und freundlichen Augen zum Leben, um die Dunkelheit in Dogs Existenz zu vertreiben. Die Hundetage sind vorbei – oder das glaubt er zumindest.
Mit ansteckender Lebensfreude erobern die beiden frisch gebackenen Brüder Manhattan, rollen durch den Central Park zu den Klängen von Earth, Wind & Fires groovigem „September“, dessen Text über die Erinnerung an vergangene glorreiche Tage später Resonanz finden wird, oder genießen einfach die ruhigen Freuden des Alltags. Keiner hat diese Straßen mehr genossen als dieses Duo. Jeder Moment sprudelt vor Frische.
In „Robot Dreams“ steht die erdige, fantastische Wärme von Filmen wie „Robot and Frank“ oder „Brian and Charles“ im Vordergrund, die sich nicht mit den Mechanismen, ethischen Implikationen oder Gefahren künstlicher Intelligenz beschäftigen, sondern sich auf das herzliche Wesen ihrer zentralen Beziehungen konzentrieren. Tonlich ähnelt er am ehesten Brad Birds animiertem Meisterwerk „Der Gigant aus dem All“. Berger’s Film jedoch, steht durch seine nicht-verbale Einfallsreichtum eindeutig für sich.
Das lebendige Spiel mit den soliden Farben und die verspielte Charaktergestaltung in „Robot Dreams“ erinnern an den klaren Linienstil des belgischen Cartoonisten Hergé, der vor allem durch seine Schöpfung „Die Abenteuer von Tim und Struppi“ bekannt wurde. Berger hält sich an Varons Arbeit und erhält die visuelle Geschäftigkeit des detailreichen Produktionsdesigns, was ihm einen Platz unter den großen New Yorker Filmen sichert.
Aber nicht nur die hektische Anziehungskraft von NYC wird hier zelebriert, der Regisseur lässt auch unauffällige Hinweise auf seine Heimat einfließen: Dog trägt eine Tasche mit einem menschenähnlichen Orangenmaskottchen namens Naranjito, dem Maskottchen der Fußball-Weltmeisterschaft 1982 in Spanien, und erhält später eine vernichtende Postkarte aus Barcelona. Angesichts von Bergers exquisitem „Blancanieves“, einer schwarz-weißen Adaption von „Schneewittchen“ im spanischen Kontext während des Bürgerkriegs, ist es nicht überraschend, dass seine spielerischen Sensibilitäten ihn in die grenzenlosen Arme der Animation geführt haben.
Ein besonders strahlender Abschnitt, der sich in seinem verkabelten Unterbewusstsein abspielt, entlehnt Elemente aus „Der Zauberer von Oz“ und seiner Verheißung eines erfüllten Wunsches und formt sie zu einer psychedelischen Fieberfantasie. Jeder Abschnitt erläutert Ängste und Sehnsüchte mit beeindruckender Klarheit. Dass Berger und sein Animationsteam so erstaunlich tiefgründige Überlegungen in seinen Charakter und die gesamte Erzählung eingebaut haben, zeugt von der ergreifenden Wirksamkeit ihrer perfekt abgestimmten künstlerischen Fähigkeiten.
Mit seiner seelenvollen Blechherz, bewegt „Robot Dreams“ uns dazu, das Glück zu schätzen, einen kostbaren Freund zu haben. Ob für eine Saison oder ein ganzes Leben.