Die westliche Welt hat es auf sich genommen, eine Zielscheibe auf den Rücken einer ihrer am stärksten gefährdeten Gruppen zu malen, ihre kleinlichen Rachegelüste hinter aufdringlichen Euphemismen wie „geschlechtskritisch“ verbergend. Daher ist es nicht im Geringsten überraschend, dass sich queere und trans Musikerinnen den extremsten Varianten des Metal zuwenden. Nicht nur sind Black Metal und ähnliche Genres perfekte Kanäle für die Wut und Verzweiflung, die solche Künstlerinnen zu Recht empfinden, während sie ständigen Angriffen aus den lautesten Ecken der Mainstream-Medien ausgesetzt sind, sondern auch die raffinierte Unterwanderung von Musikrichtungen mit teils reaktionärer, orthodoxer Geschichte kann besonders befriedigend sein. Die meisten dieser Projekte resultieren verständlicherweise in beißender, erstickender Musik – Feminazgûl, Vile Creature und Body Void fallen mir da ein. Aber Cameron Davis‘ neueste Veröffentlichung unter dem Pseudonym Cicada The Burrower zeigt, wie anpassungsfähig und brillant diese Formen werden können.
Obwohl der in Madison, Wisconsin, ansässige Musiker und Chef des Labels Blue Bedroom Records bereits mit einer Reihe von verschiedenen Projekten gearbeitet hat (wie Dolor, Weightless und Hallowed Hands), ist Cicada The Burrower in den letzten zehn Jahren ihr Hauptprojekt geblieben. „Blight Witch Regalia“ fühlt sich dabei sowohl wie die Zusammenfassung ihrer bisherigen Arbeit an, als auch wie der Beginn einer neuen Phase der transformativen Reise, die sie 2017 mit „The Great Nothing“ begann. Wenn jenes Album eine Konfrontation mit Dämonen durch eine gleichzeitig düstere und stärkende Mischung aus atmosphärischem und rohem Black Metal war, dann signalisierte „Corpseflower“ 2021 das vorsichtige, aber triumphale Durchbrechen der Puppenhülle und Davis‘ Coming-out als trans Frau. Sie goss diesen Moment der Selbsterkenntnis in eine einzigartige und völlig fesselnde Mischung aus dunkler Synth-Psychedelik, Jazz und progressivem Black Metal. Während „Corpseflower“ die psychologische Transformation symbolisierte, markiert „Blight Witch Regalia“ die Erkundung einer neuen physischen Realität.
In einem begleitenden Text schreibt Davis über den Beginn ihrer Hormontherapie und die psychophysischen Veränderungen, die sie als Folge davon erlebt. Das weiche, unsichere, aber optimistische Gefühl, das sie beschreibt, überzieht jeden der acht Schnitte hier. Im namensgebenden Opener ‚Blight Witch Regalia‘ erzeugen Blasen von Brass-ähnlichen Synths, sich wandelnde Growls und eine synkopierende Drum-Machine eine selige, Tropicália-ähnliche Atmosphäre. Ein vernichtendes Black-Metal-Riff erhebt sich darunter, zieht durch und verfängt sich darin, und drapiert die elektronischen Texturen wie neues Fleisch über seinem Skelett. Es ist ein fremder und ziemlich großartiger Klang, der neben einer Reihe von Genres steht, aber nicht wirklich in irgendeinem von ihnen verwurzelt ist.
Dieser warme, einladende Eindruck strömt über die nächsten Tracks hinweg, während die Musik zunehmend das Aussehen und das Gefühl des Albumcovers widerspiegelt, das stereotyp weibliche rosafarbene Töne mit mutierenden, dornigen schwarzen Händen kontrastiert. Statt des vertrauten scharfen und zischenden Sounds von Lo-Fi-Black-Metal ist die Produktion hier diffus und weich. Manchmal wird sie zu einem integralen Teil der Musik, wenn sie auf dem Bedroom-Pop-Miniaturstück ‚Herald Of Lions‘ pfeifende Elektronik umhüllt und auf ‚Fairy Lights‘ einen Sog aus rauschendem Rauschen, Glockenspiel und engelhaften Texturen erzeugt.
In der Zwischenzeit neigen sich ‚Make Still This Beating Heart‘ und ‚Aries, You Ripped The Child Out Of Me‘ stärker der knorrigen Seite des Black Metal zu, lassen aber Stiche und Pads wie schimmernde Stalagmiten in einer dunklen Höhle auftauchen, die mit wunderschönen Melodien und intimer Nostalgie durch die voluminöse Dunkelheit schneiden. Schließlich bringt ‚Crescent Moon Smile‘ all diese Stränge wieder zusammen, verstärkt fragile Klavierlicks, die an Four Tet erinnern, Synth-Arpeggios und Funken verführerischer Electronica zu einem melodischen Black-Metal-Sturm. Es markiert einen packenden Abschluss eines ebenso faszinierenden Albums.