Wingman Mag - Das Lifestyle-Magazin für moderne Männer
Home » Musik » Saroos – TURTLE ROLL

Saroos – TURTLE ROLL

Saroos‘ sechstes Album „Turtle Roll“ baut zwar auf der Idee auf, das Album um Gastvokalisten herum aufzubauen, aber der Effekt kann nicht ignoriert werden. Das in Berlin ansässige Trio lädt eine Reihe internationaler Kollaborateure ein, auf der Mehrzahl der Tracks Gesang beizusteuern und verleiht der Band dadurch eine völlig neue Energie.

„Turtle Roll“ spricht viele verschiedene emotionale Frequenzen an: „Tin & Glass“ eröffnet das Album mit einem clubtauglichen Groove, der mit Videospielsounds gespickt ist und nicht so sehr den „Song des Sommers“, sondern eher den Soundtrack für nächtliche Ausflüge im Sommer einfängt. Diese Coolness steht im Kontrast zur unheimlichen Spannung von Lucy Zorias gesprochenem Wort in „Southern Blue“ oder der zischenden Percussion und den rhythmischen Vocals in „Thicket“. Der lebendige Synth-Pop von „The Mind Knows“ lässt Sänger Solents sehnsuchtsvollen, verträumten Gesang in den wechselnden Klangfarben sanft eingewickelt erscheinen.

Auf die gleiche Weise, wie unterschiedliche Stimmen die Stimmung des Albums ständig verändern, beeinflusst auch die Vielzahl der verschiedenen Kollaborateure die klangliche Kohärenz. Dadurch klingt „Turtle Roll“ eher wie eine Sammlung, die für einzelne Künstler geschrieben wurde, als wie ein Album einer Band. Dennoch gibt es keinen Gastvokalisten, der fehl am Platz wirkt – jeder passt perfekt zu seinem Track. Diese Anpassungsfähigkeit ergibt Sinn, da Christoph Brandner, Max Punktezhal und Florian Zimmer alle Teil anderer musikalischer Projekte sind – ganz zu schweigen davon, dass Saroos gemeinsam in den Grauzonen der Genres agieren, von Post-Rock bis Electronica auf verschiedenen Alben.

Was sich bei „Turtle Roll“ besonders frisch anfühlt, ist die Verspieltheit in der Instrumentierung; die Muster der Synthesizer und die Eigenheiten der Percussion können fröhlich und neckisch sein. „Turtle Roll“ ist nicht weniger ernsthaft als Saroos‘ frühere Werke, aber die Schrulligkeiten und Eigenarten wirken weniger zufällig, weniger wie Verzierungen der Tracks und mehr wie integrale Bestandteile der Songstrukturen. Die eigenwillige Anordnung von „Being With You“ mit programmierten Drums, Glockenspielen und den skurrilen Modulationen verleiht dem Song eine Leichtigkeit, die das melancholische Timbre von Caleb Daileys Stimme ausbalanciert (und etwas von der zuckersüßen Sentimentalität der Lyrics kompensiert).

Das Abschlussstück „Here Before“ setzt einen knarrenden, rasselnden Sound als schelmisches Element ein, das sich harmonisch mit den sanften Orgelvibrationen vermischt. Als einer der wenigen Tracks ohne Gesang setzt „Here Before“ auch einen Schlusspunkt auf dem Album und erinnert die Hörer daran, wer diese eigenwilligen Tracks zusammenhält – nämlich Saroos selbst.