In Meemo Comma’s drittem Album begleiten wir „loverboy“ durch plaudernde Warteschlangen, rauchige Balkone und klebrige Tanzflächen – und auch wenn er nicht immer die gleiche Liebe erfährt, die er gibt, sorgt er dafür, dass niemand diesen Abend verdirbt.
Von der ersten Welle bis zum finalen Zusammenstoß präsentiert Meemo Comma (alias Lara Rix Martin) eine ehrliche Interpretation der Rave-Erfahrung – genauer gesagt der Rave-Szene der 90er Jahre. Dieses Sehnen nach vergangenen Zeiten ist besonders deutlich in „Cloudscape“, dem Opener des Albums, mit Samples, die an die Chorstimmen von Orbitals „Belfast“ und „Halcyon On and On“ erinnern und somit verschwommene Erinnerungen an frühe Busfahrten am Morgen und an entspannte Afterpartys hervorrufen.
Auf der anderen Seite sind Tracks wie „Andro“ und „EX-PI“ immer noch deutlich von der Verspieltheit und Experimentierfreude geprägt, die oft mit Meemo und Planet Mu assoziiert werden. Loverboy hat staubige Breakbeat-Waffen wie „Ignite“, ist aber auch randvoll mit von Autechre inspirierten Unterbrechungen und Täuschungen. Es ist dieses Gefühl der Abweichung und Dysfunktion, das dem Album seinen insgesamt bittersüßen Ausgeh-Charakter verleiht.
In „Loneheath“ werden zum Beispiel sich aufschaukelnde Samples, die einen Rausch simulieren, von einem aufgenommenen Rede-Sample unterbrochen, das boshaft sagt: „See you, you cunt, I’ll cut you first.“ Aber wie ein stoischer Raver, der negative Schwingungen ignoriert, marschiert der Beat unbeeindruckt weiter. Der glitchige Skit „Bit of a Boy“ gibt sich der plötzlichen Attacke auf das hypothetische Zen der Raver hin mit seinen abgeschnittenen Drums und den zurückgerufenen Breaks.
An jeder Ecke lehnt Meemo den Impuls ab, die Rave-Erfahrung als unantastbar und fehlerfrei darzustellen – und das ist eine gute Sache. Ehrlich gesagt wäre es zu einfach gewesen, ein Album mit einem Back-to-Back von altmodischen Crowd-Pleasern zu produzieren. Obwohl Loverboy als Hommage an eine vergangene Ära verpackt ist und eine Reihe von nostalgischen Hits enthält, scheint es sich mehr auf die Atmosphäre und Energie des Clubs zu konzentrieren als auf die Künstler, die es inspiriert haben.
Fragt man einen echten Raver, wird er dir sagen, dass einige seiner tiefgreifendsten Momente in einem Club stattgefunden haben. Fragt man genauer nach, wird er dir vielleicht auch erzählen, dass er auch einige seiner schlimmsten Erfahrungen in einem Club gemacht hat. Von euphorischen Momenten bis hin zur Paranoia vor K.O.-Tropfen, von von Stroboskoplicht durchfluteten Lustgefühlen und pheromonischen Drifts bis hin zur Urkraft des Basses und den bedrohlichen Schatten schlechter Schwingungen. Das alles wird in Loverboy’s Mischung aus beruhigender 90er-Jahre-Nostalgie und beunruhigender moderner Volatilität klanglich dargestellt.