Der Filmgeschmack einer Ära definiert sich zum Teil durch Filme, die in keiner anderen Zeit hätten entstehen können. Insofern bleibt das Kino der 1970er Jahre trotz zahlreicher Meisterwerke aus aller Welt eng verknüpft mit düsteren Geschichten über Polizisten, die gegen das Chaos ihrer Welt ankämpfen. Ähnlich verhält es sich mit dem Streaming-Actionfilm „Ghosted“ auf Apple TV+, der für das heutige Streaming-Zeitalter repräsentativ ist, obwohl er qualitativ nicht mit herausragenden Filmen wie „Roma“, „The Lost Daughter“ oder „The Power of the Dog“ mithalten kann.
„Ghosted“ ist leichter und weniger quälend als der letztes Jahr erschienene „The Gray Man“, teilt sich aber zwei Hauptdarsteller mit dem 200 Millionen Dollar teuren Agenten-Thriller der Russo-Brüder. Dennoch wirkt „Ghosted“ wie ein Musterbeispiel für die Opfer der jüngsten Inhaltskriege. Unter der Regie von Dexter Fletcher, der den Film mit dem gleichen Stil und Spaß inszeniert wie „Bohemian Rhapsody“, erinnert „Ghosted“ an eine lieblose Mischung aus Hollywood-Blockbustern, die ohne finanzielles Interesse an guter Qualität produziert wurden.
In „Ghosted“ spielt Ana de Armas die CIA-Agentin Sadie, die nach dem Tod eines Kollegen keine emotionalen Bindungen eingehen möchte. Sie kauft jedoch eine Begonie von Chris Evans‘ Figur Cole Riggan, einem Landwirtschafts-Nerd und Verlierer, der in einem Gästehaus seiner Eltern lebt. Die beiden verabreden sich, doch als Sadie nach dem Date nicht auf Coles Nachrichten antwortet, entscheidet er sich, sie in London zu überraschen. Dabei gerät er ins Visier eines skrupellosen französischen Waffenhändlers, gespielt von Adrien Brody, der glaubt, er habe eine wertvolle Bio-Waffe gestohlen.
Der Film fordert wenig von seinem Publikum und erstickt jeden Funken Witz oder Spannung, sobald er vermutet, dass der Zuschauer Gefallen daran finden könnte. Bei allem Respekt vor der schauspielerischen Leistung von Chris Evans und Ana de Armas bleibt „Ghosted“ doch ein uninspirierter, geradliniger Actionfilm, der vor allem durch seinen Mangel an Kreativität und Originalität enttäuscht.
Bemerkenswert ist die unironische Untermalung schwacher Kampfszenen mit bekannten Songs wie „Uptown Funk“ und „Lust for Life“, die verzweifelt versuchen, positive Stimmung zu erzeugen, wo der Film selbst keine bietet. Ein Höhepunkt ist eine Schießerei im sich drehenden Restaurant Polaris in Atlanta, bei der jedoch keine cleveren Ideen zum Einsatz kommen.
„Ghosted“ mag zwar ein passendes Symbol für eine sich im Kreis drehende Filmindustrie sein, doch bedauerlicherweise kann der Film seine Zuschauer nicht durch Lacher, Spannung oder emotionale Beteiligung bei der Stange halten. Filme sind nicht wie Kakteen – sie können nicht mit so wenig Aufmerksamkeit überleben. Und genau wie die Figur Sadie vermute ich, dass die Macher dieses Geschäftsmodells dies insgeheim immer gewusst haben und es kaum erwarten können, sich von dieser Art von Filmproduktion zu verabschieden.
Mit Apple und Amazon, die in Zukunft milliardenschwere Investitionen in hochwertigere Kinofilme planen, besteht die Hoffnung, dass „Ghosted“ das letzte Mal ist, dass ein Netflix-Konkurrent eine Unsumme für einen derart belanglosen und ausschließlich für das Streaming gedachten Actionfilm ausgibt, der talentierte Schauspieler vor schlechten Green Screens in Atlanta verschwendet. Vielleicht könnten die Studios es sich leisten, Drehbuchautoren angemessen zu bezahlen, wenn sie nicht Millionenbeträge für die Autoren von „Deadpool“ und „Spider-Man: No Way Home“ ausgeben würden, die ein KI-System für den Preis einer kostenlosen Texteingabe hätte erstellen können.
„Ghosted“ ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Streaming-Ära von Filmen geprägt ist, die an Originalität und Qualität mangelt. Trotz der Bemühungen von Chris Evans und Ana de Armas kann der Film nicht über seine vorhersehbaren Handlungselemente und den Mangel an Kreativität hinwegtäuschen. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige Produktionen von Apple und anderen Streaming-Anbietern mehr Wert auf Qualität und einzigartige Geschichten legen, um das Publikum wirklich zu fesseln und zu begeistern. Doch für den Moment bleibt „Ghosted“ ein weiteres Beispiel für die enttäuschende Flut von austauschbaren Streaming-Actionfilmen, die mehr in Marketing und Stars investieren als in erinnerungswürdige Geschichten und eindrucksvolle Inszenierungen.