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Kelela – RAVEN

Kelelas EP „Hallucinogen“ von 2015, die die verschiedenen Phasen einer leidenschaftlichen, schmerzvollen Beziehung in umgekehrter chronologischer Reihenfolge dokumentiert, war ein Meilenstein, der sie an die Spitze einer neuen Welle dunkler, erfinderischer R&B-Experimente setzte. Mit einer verführerischen, sinnlichen Mischung aus Synths, Sopranstimme und spacig-souliger Pop-Innovation eroberte die US-Sängerin Herzen und Köpfe auf der ganzen Welt und wurde schnell zu einer einzigartigen Stimme in einer aufstrebenden Szene. Es kam daher überraschend, als sie nach der Veröffentlichung ihres hochgelobten Debütalbums „Take Me Apart“ von 2017 praktisch verschwand – für Jahre.

Die Erwartungen an ihr zweites Studioalbum waren dementsprechend hoch. Doch dieser Druck hinterließ Spuren; Kelelas erste Momente zurück im Aufnahmestudio waren, laut einem kürzlichen Interview mit The Guardian, „rostig“. Davon merkt man bei Raven allerdings nichts. In einer vierzehntägigen Periode in Berlin aufgenommen, ist das 15 Titel umfassende Album reich an Erfindungsgeist, ein tiefgehendes Erlebnis, das zwischen UK Garage und 2-Step, Jungle, Breakbeats und mehr hin- und herspringt und letztlich eine Hommage an die schwarzen, queeren Wurzeln der Dance-Music darstellt. Auf dem gesamten Album transportiert Kelela ihren verführerischen, teilelektronischen, teil-R&B-Sound in neue Bereiche, angefangen mit den glitzernden, hallgetränkten Pads und den kraftvollen Vocals der Lead-Single „Washed Away“ bis hin zu einer Reihe von Dancefloor-bezogenen Stücken wie den sanften, Dancehall-geprägten Rhythmen von „On The Run“ und dem von Breakbeats angetriebenen „Happy Ending“.

Der erstgenannte Track ist ein herausragendes Moment auf „Raven“. Produziert von dem beeindruckenden Team bestehend aus Bambii, KAYTRANADA, Kelela und Yo Van Lenz, gleitet seine Instrumentierung sanft dahin. Kelelas fesselnde Stimme nimmt die Hauptrolle ein, als sie sich in solarer Form präsentiert: „Open up babe, to the sun / Open up babe, we ain’t done / Come on and touch the rays.“ Das gedämpfte Telefongeräusch, das am Ende des Tracks auftaucht, deutet darauf hin, dass Kelelas Annäherungsversuche vielleicht Wirkung gezeigt haben…

Andere Party-Tracks kommen in Form der kürzlichen Single „Contact“ und dem treibenden, Jungle-infizierten „Missed Call“. Die upbeat Tracks des Albums vermitteln seine definierte Mission: einen transportiven Sound zu erzeugen, der an das Gefühl auf einer vollen Tanzfläche erinnert, sich vollkommen auszudrücken und die Energie der Umgebung aufzusaugen. „Contact“ verkörpert den hedonistischen Rausch des Club-Erlebnisses, lässt aber auch Raum für nachdenklichere Momente, wenn Kelela Worte wie „Time is surreal / Now I’m floating in outer space“ vorträgt.

Mit einer Mischung aus dichten, Synth-getränkten R&B-Melodien und den funky Skanks von Tech-getränkten, Breaks-lastigen Dance-Beats ist das verbindende Element von „Raven“ zweierlei: das viszerale Gefühl einer Nacht außer Haus, ausgedrückt durch die glänzenden, hochfliegenden Sopranstimmen, die zu Kelelas Markenzeichen geworden sind. Indem sie das reiche Erbe der schwarzen, queeren Dance-Music umarmt und einen Hauch ihrer eigenen Magie hinzufügt, hat sie ein wirklich faszinierendes Album geschaffen. Es ist ein verführerischer Sound – definitiv ein Warten von sechs Jahren wert.