Killer Mike ist zweifelsohne eine feste Größe im Hip-Hop-Genre und vor allem als eine Hälfte des Duos Run The Jewels bekannt. Seine kraftvollen Verse haben ihn zu einer der bedeutendsten zeitgenössischen Stimmen in der Musik gemacht. Doch in seinem neuesten Soloprojekt – seinem ersten seit 2012 – vollzieht sich eine klare Abkehr von dem schnellen, lauten und trotzigem Sound, der Killer Mike und sein Mitrapper-Produzent El-P in den letzten zehn Jahren so sehr geprägt hat. Michael beinhaltet zwar immer noch Elemente des Trotzes, doch vor allem ist es ein hochpersönliches Projekt – eine tiefgründige Erkundung seiner Herkunft aus Atlanta, seiner Erfahrungen mit Drogen, Tod und Trauma sowie der bedeutenden Ereignisse, die sein Leben geprägt haben.
Michael wird als seine Ursprungsgeschichte beschrieben, ein autobiografisches Album, das die Persönlichkeit von Killer Mike, wie wir ihn kennen, durchleuchtet und uns den facettenreichen, komplexen und widersprüchlichen Menschen Michael Render vorstellt. Das Album wurde von No ID produziert und beeindruckt nicht nur durch Mikes markante Formulierungen und Poesie, sondern auch durch den deutlichen Einfluss von Gospel, Soul und Blues. Bereits der Opener ‚Down By Law‘, eine Art einführendes Manifest, integriert die markante Stimme von CeeLo Green von Goodie Mob, die einen bedeutungsvollen Ausgleich zu der Härte von Mikes Worten schafft. ‚Don’t Let The Devil‘, das El-P als Gastfeature hat und wie ein solider RTJ-Track klingt, ist gospelgetränkt und enthält atemberaubende Gesangssamples von Little Shalimar, die die gesamte Erzählung aufwerten.
Der Höhepunkt des Albums ist zweifellos der Song ‚Motherless‘, der die Katharsis im Herzen von Michael betont. Der Track beginnt mit den Zeilen: „My momma dead. My grandmama dead“ und konfrontiert den Verlust, den Mike in seinem Leben erfahren hat, unmittelbar. Er beleuchtet den Einfluss beider Frauen und deren Abwesenheit auf sein Wachstum und seine Entwicklung. In Interviews gab Mike sogar zu, dass er diese Worte vor dem Aufnahmeprozess von Michael noch nie laut ausgesprochen hatte. Dieser Umstand verleiht dem Album eine zusätzliche Schwere und unterstreicht seinen darunterliegenden Zweck sowie seine reinigende Qualität.
In ‚Motherless‘ und anderen Songs des Albums werden Mikes Worte von üppigen Hintergrundgesängen und Chorharmonien begleitet, zum Beispiel von Eryn Allen Kane. Dieser fast schon predigende Charakter wird auch in ‚Slummer‘ deutlich, einem Track mit Beiträgen der Atlanta R&B-Gruppe Jagged Edge, sowie in ‚Something For Junkies‘, das von einem Klavier getragen wird. Die militaristischen Drums von ‚Shed Tears‘, in dem der kürzlich inhaftierte Rapper Mozzy einen kraftvollen Gastauftritt hat, werden durch die harmonischen Chöre abgemildert und ihre wiederholte Wiedergabe des Satzes „rest for your soul“.
Neben Künstlern wie CeeLo Green, ist auch Andre 3000 von Outkast, Young Thug, 6LACK, Ty Dolla $ign und vielen weiteren auf Michael vertreten. Doch jenseits der beeindruckenden Liste von Gaststars handelt es sich hier um ein Album, das auf die Geschichte einer einzigen Person reflektiert und daher von Ehrlichkeit, Trauer und Empathie durchdrungen ist. Michael endet mit der Stimme einer betenden Frau in Yoruba auf ‚High and Holy‘, was sowohl als direkte Anspielung auf die spirituellen Grundlagen des Albums als auch als Hinweis auf das neue meditative und düstere Terrain für Killer Mike passend erscheint.