Es gibt Spätzünder und es gibt jene, die nie zur vollen Blüte kommen. Leider gehört Lisa Steens Regiedebüt „Late Bloomers“ zur zweiten Kategorie. Die Dramedy erzählt die Geschichte der ziellosen 28-jährigen Musikerin Louise (Karen Gillan), die sich beim betrunkenen Nachstellen ihres Ex-Freundes das Bein bricht. Durch ihre Verletzung freundet sie sich in der Physiotherapie mit einer Gruppe älterer Frauen an und wird ungewollt zur Pflegerin der mürrischen, polnischsprachigen Antonina (Margaret Sophie Stein).
Die Parallelen zwischen Louise und Antonina sind subtil: Beide verweigern sich gesellschaftlichen Normen und Konventionen. Louise meidet den Kontakt zu ihrer an Alzheimer erkrankten Mutter (Talia Balsam) und ihrem chaotischen Vater (Tim Nealon), während Antonina sich vehement gegen den Umzug in ein Altersheim sträubt. Anspielungen auf Antoninas Jugend und ihre Beziehung zu ihrer verstorbenen Tochter schimmern nur im Hintergrund durch und lassen erahnen, welches Potenzial in „Late Bloomers“ steckt.
Stattdessen legt der Film ein übermäßiges Augenmerk darauf, wie irritierend Louises Charakter sein soll. Gillan gibt ihr Bestes, um Louise als frustrierte junge Frau darzustellen, doch die Witze zünden nicht, insbesondere im Vergleich zu ihrer früheren Arbeit in der MCU und der „Jumanji“-Reihe.
Louise wird als egoistisches Kind dargestellt, das endlich erwachsen werden muss. Sie strampelt sich ab, scheitert jedoch immer wieder auf tragikomische Weise – etwa als sie betrunken und orientierungslos versucht, in das Haus ihres Ex einzubrechen und dabei vom Balkon stürzt.
Louise ist so stereotyp, dass sie ihren Hüftbruch als „Zeichen des Universums für mehr Selbstfürsorge“ deutet. Obwohl die Beziehung zwischen Antonina und Louise an die weibliche Version von „The Upside“ erinnert, wird Antonina eher wie ein skurriles Accessoire eingesetzt. Sie spricht nur Polnisch und schreit viel; leider gibt es keine Untertitel, sodass das Publikum die Witze nicht versteht, es sei denn, der Witz besteht einfach darin, dass sie nicht Englisch spricht.
Die Freundschaft zwischen Louise und Antonina scheint auf tönernen Füßen zu stehen. Louise bietet Antonina eine Abwechslung von ihrer Routine, während Antonina Louise mit wertvollen Gegenständen lockt, die sie unter ihrem Bett versteckt hält. Die beiden haben zwar Spaß zusammen, doch „Late Bloomers“ macht klar, dass diese Freundschaft nicht das Herzstück des Films ist. Antonina ist nur eine weitere Ablenkung für Louise, die vor der Realität ihrer Einsamkeit flieht.
Louises Mitbewohner und bester Freund Brick (Jermaine Fowler) rät ihr, weniger egozentrisch zu sein. Aber Louise hört nicht zu, und als Antonina ins Krankenhaus eingeliefert wird, findet sich Louise genau dort wieder, wo sie angefangen hat. Hier gibt es eine Entwicklung, die uns stückchenweise erzählt wird und emotional so wertlos erscheint wie der Koffer unter Antoninas Bett. Erst als Louise im Pflegeheim ihrer Mutter landet, gibt es Anzeichen von emotionaler Tiefe, die jedoch zu spät und zu wenig kommen.
„Late Bloomers“ scheint eine Geschichte über späte Reife und persönliches Wachstum erzählen zu wollen, doch die Umsetzung lässt zu wünschen übrig. Trotz einer vielversprechenden Prämisse und talentierten Schauspielern gelingt es dem Film nicht, seine Botschaft überzeugend zu vermitteln. Karen Gillan bemüht sich zwar, aber ihre Leistung kann die Schwächen des Drehbuchs und der Charakterentwicklung nicht wettmachen.
Letztlich bleibt „Late Bloomers“ ein Film, der das Potenzial hat, eine berührende und humorvolle Geschichte über das Erwachsenwerden und den Umgang mit Veränderungen zu erzählen, der jedoch in der Umsetzung strauchelt und seine Blütezeit verpasst.