Der Film „Marguerites Theorem“ unter der Regie von Anna Novion, der eine brillante Studentin in den Mittelpunkt stellt, die versucht, ein industrieerschütterndes Theorem zu beweisen, bleibt leider unter seinen Möglichkeiten. Trotz des durchaus soliden Auftritts von Ella Rumpf, bekannt aus „Raw“, ist der Film von verbrauchten Stereotypen geprägt.
Wir erleben die Genie-Krise – das Phänomen des übermäßig gelobten Kindes, das unter den Erwartungen zusammenbricht – durch die Augen von Marguerite, einer außerordentlich klugen Mathematikstudentin an der renommierten École Normale Supérieure. Ihr Versuch, ein bahnbrechendes Ergebnis in ihrer Fachdisziplin zu erzielen, endet in Demütigung und Unglauben und führt zu einem kindischen Rückzug in ihre private Höhle.
Die Geschichte beginnt, als Marguerite in Hausschuhen zu einem Interview erscheint und den Journalisten eher amüsiert als beeindruckt. Ihre gesamte Existenz ist der Mathematik gewidmet, wobei ihre Freizeitaktivitäten kaum über Spaziergänge und Yahtzee hinausgehen. Sie ist die typische Bücherwurm und brilliert nur durch ihre kalte Supervisorin und wird von ihren Kommilitonen für ihr nerdiges Verhalten verspottet.
Ihr akribisch geplantes Leben gerät aus den Fugen, als ihre männlichen Kollegen ihr Theorem öffentlich widerlegen und sie in eine Krise stürzen. Marguerite lässt das College hinter sich und zieht mit der Tänzerin Noa zusammen, die ihr eine Auszeit vom akademischen Leben ermöglicht. Nachdem sie ihre besondere Fähigkeit im Mahjong-Spiel entdeckt und durch diese neue Leidenschaft finanzielle Unterstützung erhält, entschließt sie sich, ihr mathematisches Studium wieder aufzunehmen. Dabei verliebt sie sich in den jungen Mann, der ihre Aufsichtsstelle am College übernommen hat.
Die Darstellung von Marguerite durch Ella Rumpf ist zurückhaltend, mit der Anziehungskraft eines gleichschenkligen Dreiecks. Obwohl der Film technisch gut gemacht ist und Novion einen eindrucksvollen visuellen Stil präsentiert, bleiben dennoch Schwächen. Der Film vermittelt oft den Eindruck, als wäre Marguerites autistisch anmutendes Verhalten eher zum Belustigen des Publikums gedacht als zur Charakterentwicklung.
Zudem stößt die Darstellung von Noa, Marguerites schwarzer Mitbewohnerin und Retterin in der Not, als klischeehaft auf. Das gesamte Drehbuch folgt einer vorhersehbaren Handlung und einer abgenutzten Formel, die jede Szene, Entwicklung und Kontroverse mit der Präzision des Pythagoräischen Theorems vorwegnimmt.
Trotz dieser Mängel bietet der Film eine interessante Charakterentwicklung, indem Marguerite als schrullig, aber letztlich liebenswerte Figur dargestellt wird, die es schafft, „Ordnung ins Unendliche“ zu bringen. Doch der filmische Ansatz, dass sie dafür eine männliche Liebe benötigt, führt zu einer Untergrabung dieses Bildes.